Stühle stehen im Halbkreis um das Dirigentenpult,
die 2. Oboe sitzt auf ihrem Platz, ebenso eine 2. Geige am zweiten Pult,
vor sich hin fiedelnd. Das 2. Horn gibt einige Töne von seinem Platz
aus von sich, kann jedoch nicht mit der Virtuosität der 1. Klarinette
mithalten, die sich in einer Ecke des Raumes einspielt (vor allem das FORTE
muß besonders geübt werden!). Das 1. Horn kämpft währenddessen
mit dem fünfzehnten Notenständer an diesem Abend - immer lächelnd.
Ein kleines Grüppchen steht rauchend am Rand der Aula, sich unterhaltend.
Andere packen ihre Instrumente aus. Insgesamt sind im Raum weniger Musiker
als Stühle. Ein Mann ohne Instrument geht auf das Dirigentenpult zu
und sagt halblaut: "Laßt uns anfangen, wir haben heute viel vor!"
(flüchtiger Blick auf die Uhr)
Die 1. Klarinette setzt sich, ebenso die beiden
2. Fagotte, das 1. Horn, eine Trompete, eine 1. Geige vom ersten und eine
vom zweiten Pult, drei 2. Geigen sitzen auf ihren Plätzen, und sogar
eine Bratsche ist anwesend. Auf und unter einigen Stühlen liegen Notenmappen.
"Einer" aus der Rauchergruppe: "Wir kommen
gleich, wir rauchen nur schnell auf!"
Durch die offene Tür rechts kommt eine Frau
ohne Instrument herein, blickt durch den Saal, geht zielstrebig auf einen
zu groß geratenen Geigenkasten zu, packt das Instrument aus, setzt
sich neben den ersten Bratscher.
Alle Sitzenden - bis auf die zweite Oboe - geben
irgendwelche Töne von sich.
Die zweite Bratsche ruft:"Hat jemand schon ein 'a'?"- Keine Reaktion.
Durch die offene Tür rechts schiebt sich ein
Kontrabaß, gefolgt vom Kontrabassisten. Er geht zum Dirigenten, gibt
ihm die Hand, sucht sich einen Platz, um sein Instrument auszupacken. Währenddessen
setzen sich die Raucher (Konzertmeisterin, 2. Geige vom zweiten Pult, 1.
Flöte), Geräuschpegel nimmt zu.
Durch die Tür rechts kommen ein Mann und eine
Frau, gleich danach ein Mann mit einem Geigenkoffer, gehen zum Dirigenten,
geben ihm die Hand, suchen sich einen Platz, um die Instrumente auszupacken.
Der Geiger setzt sich ans dritte Pult der 1. Geigen. Die anderen beiden
(Flöte und Trompete) probieren gleich an Ort und Stelle ihre Instrumente
aus, setzen sich dann.
Dirigent: "Können wir jetzt anfangen?"
Geräuschpegel bleibt. Konzertmeisterin schlägt mit ihrem Bogen
gegen ihren Notenständer. Es wird langsam ruhig. Der Geiger vom dritten
Pult der 1. Geigen schließt die Tür. Während die Klarinette
das 'a' angibt, geht die Tür rechts wieder auf, eine Dame mit Fagottkoffer
kommt herein, winkt lässig dem Dirigenten zu, sucht sich einen Platz,
um ihr Instrument auszupacken. Es wird wieder laut, alle spielen durcheinander,
ab und zu erklingt auch der Kammerton 'a'. Konzertmeisterin:
"Jetzt mal nur die Streicher, Klarinette bitte ein 'a'!"
Der Klarinettist, langsam schon etwas errötet,
spielt ein 'a'. Die anderen Bläser unterhalten sich. Der Trompeter
gibt seinem Kollegen ein paar Seiten seiner Zeitung ab (er liest sowieso
nur den Wirtschaftsteil), die 1. Flöte erzählt der 2. den neuesten
Chirurgenwitz, die Fagottistin begrüßt ihren Kollegen (den anderen auch).
Plötzlich gibt die Konzertmeisterin das 'a'
auffordernd an die Bläser weiter, die inzwischen gar nicht mehr auf
das Stimmen eingestellt sind, aber sie geben sich alle Mühe, schon
wegen der Gruppendynamik.
Die Tür rechts geht wieder auf, eine Dame
mit ziemlich großem geschulterten Instrument kommt herein, packt
ihr Instrument aus, setzt sich, reiht sich in die allgemeinen Töne
ein. Dirigent: "Skizzen bitte, dritter Satz!"
Allgemeines Gemurmel ("schon wieder Sommer;
den könn wa ja jetz echt schon auswendig", Klarinettist, seiner
Klarinette den Kopf abreißend: "Mist, da brauche ich ja die andere
Klarinette", geht zu seinem Klarinettenkoffer und werkelt daran herum.),
einige stehen auf, um die Notenmappen vom Flügel zu holen, andere
blättern in ihren Noten.
Jemand rüttelt an der Tür links, die
abgeschlossen ist. Dirigent sucht den Schlüssel (Hemd, Hose, Notentasche).
Jüngstes Orchestermitglied: "Der liegt auf'm Flügel, haste
doch selba dahin gelegt!"
Stimmt. Dirigent schließt die Tür auf,
begrüßt die Hereinkommende, die sich nun auch einen Platz zum
Auspacken ihres Instrumentes sucht. Nachdem sie alles eingeweicht, zusammengesteckt
und geknotet hat, setzt sie sich links neben den Klarinettisten.
Allgemeiner Lärm.
Dirigent: "Skizzen bitte, dritter Satz! ---
Wo ist denn meine Brille?" - sieht fragend zum jüngsten Orchestermitglied,
das aber nur mit den Schultern zuckt. Dirigent sucht (Hemd, Hose, Notentasche).
Hinweis vom 1. Horn: "Hast du sie nicht vorhin
bei Brigitte in deine Jackentasche gesteckt?"
Tatsächlich. Gefunden. Die Brille aufsetzend:
"So, jetzt kann’s losgehen".
Gemurmel. 1. Klarinette gibt an die 2. ihr 'a'
weiter. Dirigent schlägt kurz mit dem Dirigierstab ans Pult, hebt
die Arme. Es wird stiller.
Fagottistin: "Was spielen wir denn?"
Stöhnen, Gemurmel, Gekicher, Dirigent läßt
die Arme sinken. Dirigent: "Die Skizzen, dritten Satz!"
Fagottistin: ,,Schuldigung, aber dis is hier
hinten akustisch nich angekommen!" Sie blättert in ihren Noten,
die Bratschen auch, aber heimlich.
Dirigent hebt die Arme: "In Vierteln, zwei
Takte vor." Gibt den Einsatz. Alle spielen. Tierischer Lärm, nach
vier Takten bricht der Dirigent ab.
Dirigent: "Ihr habt nicht mein Tempo, gleich
noch mal!" Dirigent hebt wieder die Arme, am zweiten Geigenpult fallen
die Noten herunter. Dirigent läßt die Arme sinken. Während
die Noten aufgehoben werden, geht rechts die Tür auf, jemand mit Rucksack
und Regenhose kommt herein, etwas naß, winkt dem Dirigenten zu.
Die Geigen haben die Noten inzwischen wieder auf
das Pult sortiert, der Neuankömmling packt sein Instrument aus, verläßt
mit einer kleinen Plastikdose den Raum.
Allgemeines Gemurmel.
Dirigent: "Jetzt, wo die erste Oboe da ist,
laßt uns lieber Beethoven spielen. Bitte den vierten Satz!"
Gemurmel, Protest vom Klarinettisten, der wieder
aufspringt und zu seinem Klarinettenkoffer stürzt.
Der Oboist kommt zurück, werkelt fachmännisch
an seiner Oboe herum, andere tönen vor sich hin.
2. Flöte: "Ich hab' keine Noten!" Dirigent
läuft zur Notentasche, sucht, kramt.
Dirigent: "Ich auch nicht. Die müssen
irgendwo anders sein." 2. und 1. Flöte suchen weiter in den Mappen,
ohne Erfolg. Dirigent: "Spiel halt erst mal die 1. mit! Oboe, bist
du fertig?" Oboist nickt.
Dirigent: "Los geht's!" Hebt die Arme,
es wird ruhiger. Gibt den Einsatz, alle fangen an. Es klingt ähnlich
wie beim ersten Versuch. Der Dirigent hält jedoch etwas länger
durch. Konzertmeisterin ruft mitten in das Getöse: "He, Leute,
achtet ihr vielleicht mal auf die Vorzeichen! Zweite Geigen: Vierten Finger
höher! Es ist tierisch unsauber."
Es ändert sich kaum etwas. Dirigent bricht
ab. Konzertmeisterin: "Was seid ihr für ein Sauhaufen?! Das war
GROTTENFALSCH."
In dem Moment geht die Tür rechts auf, ein
junger Mann mit Rucksack kommt herein, packt sein Instrument aus, setzt
sich neben die zweite Flöte. Kurzes 'a' - stimmt. (Stimmt fast immer.)
Von links bekommt die 2. Flöte Noten zugeschoben
- Beethoven hat sich angefunden.
1. Trompete, laut: "Was hat die 1. Trompete
in Takt vier auf dem fünften Achtel für einen Ton zu spielen?"
Dirigent: "In Takt vier auf dem fünften Achtel?" Trompeter: "Ja."
Dirigent: "Gar nichts, ihr setzt erst in Takt
sechs ein." Trompeter: "Ich hab aber hier was."
Dirigent: "Stimmt aber nicht! In der Partitur
steht für euch Pause."
Währenddessen ist der Oboist wieder aufgesprungen,
hat etwas von "Helm vergessen" gemurmelt und ist rechts hinausgegangen.
Trompeter: "Dann stimmen meine Taktzahlen nicht.
Ich zähl mal nach." Zählt. Währenddessen allgemeines
Gemurmel. Trompeter: "Ich meine Takt acht."
Dirigent: "In Takt acht habt ihr beide ein
notiertes 'feses' klingend 'deses', parallel zum Horn."
Trompeter: "Notiert 'feses'? Dann isses aber
kein 'deses'!" Hornistin: ,,Ich hab in Takt acht kein 'deses'!"
Dirigent: "Es geht doch jetzt gar nicht um's Horn. Na, notiert ist
jedenfalls ein 'feses'."
Trompeter: "Also notiert 'feses', dann isses
klingend ein 'f'. Na, ich probier's halt mal mit 'f'."
Währenddessen: 2. Flöte an rechten Nachbarn:
"Warum kommst'n so spät?"
3. Flöte: "Hab' noch die Sportschau zuende
geguckt. Bayern hat verlorn."
2. Flöte nickt.
Oboist kommt wieder, legt einen Motorradhelm neben
seinen Oboenkasten, setzt sich.
Dirigent: "Ich zähle jetzt noch mal Achtel.
2. Geigen: Schön ruhig bleiben im Tempo." Hebt wieder die Arme.
Gibt den Einsatz. Alle spielen. Es klingt schon viel besser als vorher,
- die zweite Klarinette wirkt jedoch etwas desorientiert. Dirigent bricht ab.
Dirigent: "Klarinette, hast du das Tempo nicht
gehabt, oder wo war das Problem?"
Klarinette ganz verwundert: "Warum zählst
du in Achteln?" Dirigent: "Weil es ein langsamer sechs-achtel-Takt
ist, und wir im Übetempo spielen!"
Klarinette: "Sechs-achtel-Takt? Hab ich nicht!"
Dirigent: "Wir spielen Beethoven, vierten Satz." Klarinette: "Beethoven?
Ich denke die Skizzen -"
Allgemeines Stöhnen, Gemurmel. Klarinette sucht ihre Noten.
Fagottistin: "Ich muß mal auf's Klo."
Verläßt den Raum durch die Tür links.
Dirigent: "Haben jetzt alle die richtigen Noten vor sich? Dann geht's jetzt los."
Dirigent hebt die Arme. Gibt den Einsatz. Alle
spielen. Es klingt mäßig. Dirigent bricht ab.
Konzertmeisterin: "Laßt uns noch mal
nachstimmen." Steht auf, gibt ihr ,a' weiter, alle stimmen.
Die Fagottistin kommt wieder zurück, stimmt
aber nun nicht mehr nach, sie stimmt sowieso immer.
Dirigent hebt wieder die Arme, alle setzen ein.
Nach einigen Takten haben auch die Klarinetten und zweiten Geigen auf das
richtige Tempo abgebremst, und die Bratschen haben schon fast auf das Zieltempo
beschleunigt. Der Baß findet auch die ,Eins' vom Takt, und die Flöten
haben sich unter Gekicher geeinigt, wer welche Stimme spielt. Die Hörner
warten vergeblich auf ihren Einsatz, die Trompeten auch, da wird halt improvisiert,
dabeisein ist alles!
An den hinteren Pulten der Geigen wird wieder mal
kräftig simuliert - über den Bogenstrich muß man sowieso
noch mal ausführlich diskutieren! Einige Spieler steigen ab und zu
aus, aber die meisten finden früher oder später wieder ‘rein,
die Generalpause wird für das eine oder andere Solo genutzt. Der Schlußakkord,
oder besser, Schlußklang erdröhnt. Fast alle sind gleichzeitig
am Ende des Stückes angekommen, kaum jemand hat noch ungespielte Noten übrig.
Der Dirigent läßt die Arme sinken, klappt
die Partitur zu. Dirigent: "Kein Problem, könn' wa. PAUSE!"
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